Corona-Krise gefährdet auch die politische Bildungsarbeit - Freie Träger weisen auf Folgen für die Demokratie hin

Ihre Existenz sehen durch die Corona-Krise auch die freien Träger der politischen Bildung gefährdet. Durch das behördliche Verbot zur Durchführung von Bildungsveranstaltungen gehen den Vereinen nicht nur Einnahmen von Teilnehmer*innen verloren, sondern auch öffentliche Zuschüsse von Land und Bund. „Unsere Zuschüsse sind an die Durchführung von Veranstaltungen geknüpft: Keine Veranstaltung, kein Zuschuss. Und mit dem Zuschuss finanzieren wir nicht nur die einzelne Veranstaltung, sondern auch unser Personal, die Ausstattung und die Raumkosten. Fließen die Zuschüsse nicht, ist damit die gesamte Landschaft der unabhängigen politischen Bildung in Gefahr. Und diese ist so nötig wie nie.“ betont Wilfried Klein, Leiter des Gustav-Stresemann-Instituts (GSI) in Bonn.

Das GSI beschäftigt in Bonn über 100 Mitarbeiter*innen und führt weit über hundert Veranstaltungen durch. Zielgruppe der Veranstaltungen sind vor allem Schülerinnen und Schüler und junge Erwachsene. Zurzeit wird das GSI mit ca. €  600.000,00 aus Landesmitteln gefördert.

Zur Sicherung der demokratischen Vielfalt werden in NRW knapp 50 parteiunabhängige und freie Vereine, die vorrangig politische Bildung anbieten, staatlich gefördert. Sie erhalten Mittel nach dem Weiterbildungsgesetz NRW (WbG) und von der Landeszentrale für politische Bildung. Voraussetzung ist, dass die Träger ihre Arbeit auf Dauer angelegt haben und einen Jahresantrag stellen, in dem sie ihre Planungen für das Folgejahr beschreiben. Erfüllt der Antrag die Voraussetzungen, wird eine Jahres-Fördersumme per Bescheid in Aussicht gestellt. Die Finanzierung erfolgt staatlich, aber die Durchführung der Bildungsarbeit verantworten die Träger selbstständig.  „Das entspricht dem Wesen unserer offenen, demokratischen Gesellschaft. Politische Bildung muss kritisch und unabhängig erfolgen können, um mündige Bürgerinnen und Bürger zum demokratischen Engagement zu befähigen. Dieser Anspruch ist mit dem Wegfall der unabhängigen Trägerlandschaft in Gefahr.“ befürchtet Klein. Die Zuschüsse werden nicht wie bei anderen Politikfeldern institutionell, sondern nur projektbezogen ausgezahlt. „Da alle Projekte abgesagt werden mussten und auch meist nicht im späteren Jahr nachgeholt werden können, fehlen die Zuschüsse in 2020 komplett.“

Eine besondere Betroffenheit haben Vereine wie das GSI, die ihre Bildungsarbeit in eigenen Bildungshäusern anbieten und durchführen. Diese Häuser sind nur finanzierbar, wenn auch andere Träger ihre Bildungsmaßnahmen dort durchführen. Aber auch diese dürfen ihre Veranstaltungen nicht mehr durchführen und können oft auch nicht auf spätere Termine im Jahr ausweichen. „Wir haben fast 50.000 Übernachtungen im Jahr im Haus; diese gehen uns alle verloren – und damit auch die Einnahmen, die wir zur Finanzierung unserer Arbeit dringend brauchen.“ klagt Klein.

Um die Gefahr der flächendeckenden Einstellung des Betriebes zu begegnen, haben die Träger gefordert, dass die im Jahresbescheid zugesagten Fördersummen in jedem Fall gezahlt werden. „Das Jahr 2020 ist ein weltweites Krisenjahr mit außerordentlichen Anforderungen, auch an die Demokratie. Freie Träger tragen ihren Teil dazu bei, dass die offene und kritische Gesellschaft auch nach der Krise noch eine Stimme hat. Sie zu schützen ist daher im besonderen öffentlichen Interesse.“ Der Landtag NRW wird sich noch in dieser Woche mit einem entsprechenden Gesetzentwurf beschäftigen. Dieser setzt noch den Nachweis von Veranstaltungen als Förderbedingung voraus. „Wir setzen auf weise Entscheidungen des Landtags und eine Änderung des Gesetzentwurfes.“ hofft Klein abschließend.