Deutsch-französischer Journalistenpreis würdigt Habermas

Der Soziologe und Philosoph Prof. Dr. Jürgen Habermas hat am Mittwoch, 4. Juli, den Großen Deutsch-Französischen Medienpreis des Deutsch-Französische Journalistenpreis für sein Lebenswerk und sein Engagement für ein demokratisch verfasstes Europa erhalten. Der Deutsch-Französische Journalistenpreis gehört zu den wichtigsten Medienpreisen Europas. Die prämierten Beiträge stellen nach Auffassung der Jury exzellente Beispiele für Qualitätsjournalismus dar und tragen so zu einem besseren Verständnis von gesellschaftlichen Zusammenhängen in Deutschland, Frankreich und in ganz Europa bei. Das GSI mit seinem Schwerpunkt in der deutsch-französischen und interkulturellen Zusammenarbeit ist Mitglied des DFJP e.V.

Die mittlerweile 35. Auszeichnung erfolgte im ZDF-Hauptstadtstudio in Berlin in den Kategorien Textbeitrag, Multimedia, Video, Audio und Nachwuchs. In den journalistischen Kategorien wurden ausgezeichnet:

  • Kategorie Audio: Adèle Humbert und Emilie Denètre für „Les Petits Revenants“, BoxSons
  • Kategorie Video: Karine Comazzi und Patrice Brugère für „Les Klarsfeld, chasseurs de ténèbres“, France 2
  • Kategorie Textbeitrag: Stephan Maus für „Zwei Brüder“, Stern Crime
  • Kategorie Multimedia: Annika Joeres, Simon Jockers, Jade Lindgaard, Donatien Huet und Felix Michel für „Steigende Meere“, Correctiv/ Mediapart.fr/ Tageswoche
  • Kategorie Nachwuchspreis (gestiftet vom Deutsch-Französischen Jugendwerk): Anika Maldacker für „Der Kampf gegen das Vergessen“, Badische Zeitung

In seiner Rede forderte Habermas vor über 400 Gästen, Europa brauche mehr Solidarität, die auf gegenseitigem Vertrauen basiere und nicht von vorne herein vor allem ökonomisch konditioniert sei: „Ich kann mir nicht erklären, warum die deutsche Regierung glaubt, die Partner zur Gemeinsamkeit in Fragen der für uns wichtigen Flüchtlings-, Außen- und Außenhandelspolitik gewinnen zu können, während sie gleichzeitig in der zentralen Überlebensfrage des politischen Ausbaus der Eurozone mauert.“ 

Bundesaußenminister Heiko Maas, der die Laudatio hielt, würdigte den Preisträger als einen „der größten Intellektuellen unserer Zeit, der den Weg der Bundesrepublik Deutschland von Anfang an als ‚spiritus rector‘ begleitet und an allen entscheidenden Weggabelungen durch sein Wort und sein Argument geleitet hat“. Habermas Debattenbeiträge in den letzten sieben Jahrzehnten seien „durch Realitätssinn und Pragmatismus gehärtete Handlungsmaximen – gerade auch für uns Politiker […]. Deutschland, Frankreich und Europa haben Habermas avantgardistischen Spürsinn für Relevanzen gerade heute bitter nötig“, so Bundesminister Maas.

Für eine Überraschung in der Zeremonie sorgte ein Brief des französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron, der dem Medienpreisträger von den Veranstaltern überreicht wurde. Darin bezeichnet Macron den Philosophen als unermüdlichen Aufklärer. „In einer Zeit, in der Europa zu zerreißen droht und viele Länder sich auf sich selbst besinnen und die nationalen Egoismen sich wieder verschärfen, ist Ihre Stimme wichtiger und kostbarer als jemals zuvor“, so Macron zu Habermas. Um ein Auseinanderbrechen des Kontinents zu verhindern, müssten endlich konkrete und vor allem wirksame Antworten auf die aktuellen Herausforderungen gegeben werden. Als Beispiele nannte Macron die Flüchtlingskrise, den Schutz der Umwelt, die Digitalisierung und eine gemeinsame Verteidigungspolitik.

Durch die Veranstaltung führte die deutsch-französische Journalistin Susanne Freitag-Carteron.

Fotos und Videos der Preisverleihung finden Sie auf der Webseite des Deutsch-französischen Journalistenpreises 

Foto: Thomas Köhler, Inga Kjer | Photothek