Bereits zu Beginn betonte Dr. Ansgar Burghof, Direktor des GSI, dass „das Verhältnis zwischen den USA und Europa in eine Krise geraten“ zu sein scheine. Deshalb müsse die Frage gestellt werden: „wie es so weit kommen konnte. Und wie Wege aus der aktuellen Situation aussehen können.“ Es gelte „den Blick zu weiten“, denn das „deutsche-amerikanische Verhältnis“ sei „mehr als der verkürzte aktuelle Blick auf die politische Gegenwart“.
Eine herausragende Gruppe, die das Bild von Deutschland in den USA nachhaltig geprägt hat, sind die so genannten „Forty-Eighters“: Demokraten und Demokratinnen, die auf der Flucht vor der Verfolgung durch autoritäre Despoten in den Jahren nach 1848 in den USA eine neue Heimat gefunden haben und dort ihren Idealen treu blieben.
Der Geschäftsträger der US-Botschaft, Kent Logsdon, erinnerte in seiner Keynote an zwei herausragende Figuren: Carl Schurz, der als deutscher Emigrant nicht nur im amerikanischen Bürgerkrieg als General auf Seiten der Gegner der Sklaverei kämpfte, sondern später sogar Senator und Innen-Minister wurde. Und Mathilde Franziska Anneke, die die erste Frauenzeitung in den USA gründete und sich für den Zugang von Mädchen zu höherer Bildung und gegen Sklaverei einsetzte.
Diese vielfältige Beeinflussung, politischer, militärischer wie gesellschaftlicher Art, schilderte auch Dirk Kurbjuweit, der stellvertretende Chefredakteur des Spiegel. So hätten insbesondere die Erfahrungen aus der preußischen Militärschulung den Nordstaaten im Bürgerkrieg zum Sieg verholfen - während den Revolutionären der März-Revolte in den deutschen Teilstaaten dieser Erfolg nicht zuteilwurde. Und Dr. Daniel Walther, Historiker am Wartburg College, beschrieb die transatlantische Wechselbeziehung anhand politischer Akteure: Carl Schurz, Dwight D. Eisenhower und Angela Merkel.
Prof. Dr. Jürgen Rüttgers verwies wiederum auf die aktuelle komplexe politische Debatte zwischen Europa und den USA. Vor dem Hintergrund seiner Erfahrungen regte er an, nicht immer nur auf den Anderen zu blicken, sondern durchaus einmal dessen Perspektive einzunehmen, um das eigene Handeln kritisch zu hinterfragen.
Die Bedeutung von Austausch und Dialog, gerade wenn die politischen Differenzen größer werden, wurde von einer Reihe von Experten betont. So schilderte Prof. Dr. Michael Naumann ganz persönlich seine Erlebnisse als Schüler in einer amerikanischen Gastfamilie, mit der ihn seitdem eine lebenslange Freundschaft verbindet. Thomas Kleine-Brockhoff (German Marshall Fund) und Wolfgang Börnsen (Parlamentarisches Partnerschafts-Programm) stellten wiederum aktuelle Initiativen vor, die den unmittelbaren Kontakt zwischen jungen Menschen aus den USA und der Bundesrepublik fördern.
Dass dieser Gesprächsfaden auch auf diplomatischen Feld nicht abreißen darf sondern immer wieder, auch unter widrigen Verhältnissen, neu geknüpft werden muss, war Konsens auf dem abschließenden Panel, an dem u.a. der ehemalige US-Botschafter Prof. James Bindenagel und Melissa Eddy von der New York Times teilnahmen. Und auch aus US-amerikanischer Sicht sei es zurzeit nicht einfach, die langfristigen Strategien der derzeitigen Regierung in Washington zu analysieren.
Die große Chance, an die wechselseitige Einflussnahme beim Aufbau stabiler Demokratien auf beiden Seiten des Ozeans zu erinnern, wie es der Schirmherr der Veranstaltung, Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, formuliert hatte, kann ein Element in der weiteren Debatte sein. Das Publikum jedenfalls zeigte ein großes Interesse an der aktuellen Bestandsaufnahme wie dem historischen Rückblick und beteiligte sich rege.
Die Veranstalter sind deshalb im Gespräch, den begonnenen Diskurs fortzusetzen. Eine konkrete Initiative wurde auf der Veranstaltung auch vorgesellt. So soll am Platz des 18. März in Berlin, gegenüber von Brandenburger Tor und US-Botschaft, ein Denkmal für Carl Schurz errichtet werden.
Fotos: GSI/Jürgen Sendel